Biografisches Arbeiten

Der Umzug eines Menschen in eine stationäre Pflegeeinrichtung bedeutet für ihn einen einschneidenden Augenblick in seinem Leben: Liebgewonnenes muss zurückgelassen werden, die vertraute Umgebung geht verloren, neue Mitbewohner und das ständig anwesende Pflegepersonal bestimmen den Tagesablauf. Viele Menschen fürchten sich vor einem Umzug in ein Heim.

Das betreuende Personal der Pflegeeinrichtung im Zentrum nimmt diese Ängste sehr ernst. Das Leitbild der Einrichtung wird zusammengefasst mit dem Satz: „Bei uns steht der Mensch im Mittelpunkt“. Der Ansatz des Personals kann daher nur sein, den Heimbewohner darin zu unterstützen, möglichst viele Aktivitäten entsprechend den persönlichen Erfahrungen seines Lebens aufrecht zu erhalten.

Um die Pflege und Therapie (soziale Begleitung) entsprechend geplant und zielgerichtet durchführen zu können, benötigen Pflegende und Therapeuten Informationen vom Heimbewohner, seinen Angehörigen, seinem Arzt und seinem sonstigen früheren Lebensumfeld, um eine sogenannte Biographie zu erstellen. Nur auf diese Art und Weise ist es möglich, den Menschen, der ihnen anvertraut wurde, gemäß seinen Bedürfnissen, Ressourcen und Problemen zu pflegen und in seiner Persönlichkeit zu stärken. Je mehr Informationen zur Verfügung stehen, desto besser kann sich das Personal in die Lage des Bewohners versetzen und entsprechend handeln.

In besonderem Maße sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass bei Auftreten oder einer bereits existierenden dementiellen Erkrankung diese Informationen für das professionelle Handeln von größter Bedeutung sind, denn häufig lassen sich bestimmte Reaktionen eines Bewohners nur nachvollziehen, wenn um seine früheren Lebensumstände gewusst wird. Da bei diesen Erkrankungen teilweise nur noch das Langzeitgedächtnis adäquat funktioniert, lebt der Bewohner oft in seiner Vergangenheit, die den Betreuenden ohne eine fundierte Biographie-Arbeit verschlossen bliebe.

Der Grundgedanke des biographischen Arbeitens besteht jedoch nicht nur in einer Informationssuche durch Dritte, sondern auch darin, dass der Bewohner aktiv in diesem Prozess mitwirkt. Die Grundidee des „Biographischen Lernens“ besteht darin, die eigene Lebensgeschichte zum Anlass und Ausgangspunkt für die weitere Lebensgestaltung zu nehmen. Der eigene Lebenslauf dient als Erinnerungsstütze, um Erlebtes, Gewusstes und Gefühltes in der Sprache wieder aufleben zu lassen. Die persönlichen Erfahrungen werden aufgearbeitet und integriert. Biographisches Arbeiten ist Spurensuche im Leben der Bewohner, verbunden mit der Suche nach den Höhen und Tiefen des Lebens. Die biographische Arbeit führt zur Akzeptanz dessen, was war; sie hilft Vergangenheit zu bewältigen. Dazu gehört auch das Altwerden anzunehmen, und trotzdem optimistisch in die noch zu verbleibende Zukunft zu blicken. Den alten Menschen steht das erlebte eigene Leben, mit all seinen Hhen und Tiefen sehr nah. Jede Biographie ist in ihrem Erlebten einmalig.

Wenn die Pflegenden und Therapeuten sich mit den ihnen anvertrauten Menschen beschäftigen und die Biographie, das Erlebte, beachten und kennenlernen, nehmen sie Anteil am Leben der Bewohner. Die Menschen, die in einer Senioreneinrichtung leben, verfügen über ein langes Leben. Im letzten Teil vollendet sich die Biographie und schließt sich so zu einem Ganzen zusammen. Wenn der alte Mensch die Abschnitte seines Lebens, seine eigene Geschichte erkennt, kann ihm das helfen, sich selber zu verstehen und in dieser Welt seinen eigenen Platz und letztlich seinen Frieden darin zu finden. In einer stationären Einrichtung, sei sie auch noch so gut und fortschrittlich geführt, muss der alte Mensch auf vertraute Gewohnheiten verzichten. Gewesene Freiheiten müssen unter Umständen zu Gunsten der Gemeinschaft eingeschränkt werden (z.B. Essenszeiten u.v.m.). In den gemeinsamen Gruppen, z.B. im Gedächtnistraining, kann ein hilfreiches Gegengewicht geschaffen werden, das die Brücke zur Vergangenheit schlägt und zur Zufriedenheit des alten Menschen beiträgt.
Die Therapeuten beginnen ihre Arbeit im Altgedächtnis, holen den alten Menschen dort ab und stellen eine Verknüpfung zur Gegenwart her. Dabei müssen sie sehr sorgsam mit den erhaltenen biographischen Informationen umgehen. Persönliche Themen sollten nur nach Zustimmung der betroffenen Personen im größeren Team thematisiert werden. Es gilt zu akzeptieren, dass alle Informationen nur freiwillig von den alten Bewohnern preisgegeben werden. Es muss auch akzeptiert werden, wenn Bewohner schweigen. Jeder Mensch bestimmt selbst, was er dem Personal, Mitbewohnern und Angehörigen aus seinem Leben erzählen will.

Manches lässt sich zudem durch Beobachtung und aktives Zuhören ergründen. Viele Dinge bleiben aber auch trotz guter Biographie-Arbeit unklar und unbekannt.

Als Ergebnis einer guten Biographie-Arbeit kann geplant werden, den Bewohnern lebensgeschichtliche Alltagstätigkeiten selbst ausführen zu lassen. Das wären z.B. - im therapeutischen Sinn! - Haushaltstätigkeiten (Bügeln, Abwaschen, putzen u.s.w.). Diese biographischen Anteile sind den sogenannten „Bastelaktivitäten“ vorzuziehen. Die Einzel- oder Gruppenaktivitäten sollten auf die individuellen Gewohnheiten und Bedürfnisse (kompetenzzentriert) zurechtgeschnitten sein. Auch in der Umgebung der alten Menschen sollten liebgewordene Gegenstände nicht fehlen (alte Möbel, Fotos usw.). Die Therapeuten und Pfleger unterstützen die alten Sozialkontakte der Bewohner.

Der Datenschutz wird von den Pflegenden sehr ernst genommen, spielt bei allen Überlegungen eine sehr wichtige Rolle und wird auf jeden Fall gewährleistet!




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